marl in den 60er Jahren

Impressionen:

Autobahn Anfang der 60er Jahre

Unten: Bahnübergang Hüls/ Römerstraße

oben: 1: Bergstraße 60er Jahre (Hüls); 2: Marl-Mitte (Stern, Rathaus, Ende 60er, Anfang 70er)

3: Die Hügelhäuser nach 1974, (inzwischen gibt es 4).

siehe auch: https://huegel2-marl.jimdofree.com, eine webseite des Beirates von "Hügel2".

Unten: "Hügel 3"

Aus: Westfälische Nachrichten, J. Dierksen,

(Hintergrund ist die Auszeichnung der "Hügellandchaft" in Marl zwischen Kreuzstraße und Kösliner Straße als "Big Beautiful Buildings" 2018)


Oben: Das Jahnstadion: Inzwischen nicht mehr genutzt und als Neubaugebiet verplant.



Unten: Die Hülsstraße von der Bergstraße aus gesehen. Fußgängerzone erst Ende der 70er Jahre.



unten: Das Hallenbad der Stadt, im Hintergrund das Rathaus. Hier soll ebenfalls ein Neubaugebiet entstehen...

Das Bad ist abgerissen, das Rathaus "bröckelt" und soll renoviert werden..

Großflugtag am Flugplatz Loemühle (60er Jahre)


Oben: Die (Hauptverkehrsstraße) Bergstraße 1956 (mit Straßenbahn)  und 1966


oben: Brassertstraße in den 70er Jahren


Karstadt und Wehmeyer und Cüpper, 70er Jahre, Creiler Platz im Stadtkern. Auch hier sieht es 2020 anders aus: Karstadt gibt es nicht mehr, Wehmeyer ist ebenfalls verschwunden...


Unten: Aus einer Veröffentlichung eines "HdoT", (Haus der offenen Tür, ein "Haus für Jugendliche", hier mit einem eigenen "Pressekreis", siehe auch "Beat in Marl").


 

Aufruhr 1968er Jahre: Als die Jugend rebellierte

Marl - Mit CLEF bekam Marl eine außerparlamentarische Opposition der Lehrlinge, Schüler und jungen Arbeiter.

 

Lange Haare und Beatmusik sorgten vor 50 Jahren in vielen Marler Familien für Aufruhr. Doch die Jugend der sogenannten ’68er-Generation rebellierte nicht nur mit Musik und Frisurenmode gegen Eltern und Konventionen.

In der wirtschaftlich aufstrebenden Stadt Marl betrat CLEF – der Club Liberté, Egalité, Fraternité – die Bühne. Er wollte für mehr Gerechtigkeit und eine bessere Gesellschaft streiten. Die außerparlamentarische Opposition der 1960er Jahre bekam ihren Ableger in der Provinz. Während in Universitätsstädten wie Berlin und Bonn überwiegend Studenten auf die Straße gingen, schlossen sich in Marl Lehrlinge, Schülerinnen und Schüler, junge Arbeiterinnen und Arbeiter zusammen.

Nach dem Mord an dem Studenten Benno Ohnesorg 1967 wurde CLEF gegründet. Treffpunkt der Gruppe war das evangelische Jugendheim Delta an der Christuskirche in Drewer. Horst Masanek, damals Jugendpfleger, unterstützte das politische Engagement der Jugendlichen.

 

Mahnwache am 10. Juni 1967 für Benno Ohnesorg (siehe Foto oben, KM)

 

Der 2015 verstorbene Marler Sozialwissenschaftler Wilfried Kunstmann und der Medienwissenschaftler Norbert Nowotsch aus Münster erinnern in Aufsätzen an die Zeit, als Marler Jugendliche mit ihren Aktionen in der Stadt für Wirbel sorgten.

Beide waren selbst aktiv. „Marl 1968: Die Revolte in der Provinz“ von Wilfried Kunstmann und „Auch ein ’67 – Aktionen Reaktionen, Ja-Nein-Vielleicht“ von Norbert Nowotsch blicken auf die Zeit, in der Jugendliche das politische Engagement neu entdeckten und dabei von vielen misstrauisch als vermeintliche „Radikalinskis“ beäugt wurden.

Wilfried Kunstmann berichtet über die Mahnwache für den am 10. Juni 1967 ermordeten Studenten Benno Ohnesorg als erste öffentlichkeitswirksame Aktion des CLEF. „Fast 50 Jugendliche und Erwachsene beteiligten sich spontan an der Kundgebung“, so Kunstmann.

Norbert Nowotsch erinnert an kreative Happenings der Gruppe, an Demos, Flugblattaktionen und Diskussionen mit Politikern – unter anderem mit dem späteren Marler Bürgermeister Günther Eckerland. Als der Vietnam-Kriegs-Film „Die grünen Teufel“ mit John Wayne ins Kino kam, organisierte CLEF eine Blockade. Auch Jusos und Gewerkschafter unterzeichneten die Flugblätter.

 

Im Juni 1968 gab es eine Demonstration gegen die Notstandsgesetze

 

Im Juni 1968 gab es eine Demonstration gegen die Notstandsgesetze, durch die das Grundgesetz im Krisenfall außer Kraft gesetzt werden konnte. „Jede Woche war CLEF aktiv“, schreibt Wilfried Kunstmann. Übrigens auch musikalisch: Beim Beat-Festival des Jahres 1968 in der Recklinghäuser Vestlandhalle trat CLEF auf das Podium. Weil kein Bandmitglied ein Instrument beherrschte, reichte es nur für den vorletzten Platz.

CLEF fand auch Nachahmer.

1968 gründeten sich in Recklinghausen, Dorsten und Westerholt Gruppen, die mit den Marlern zusammenarbeiteten. Den Wendepunkt erreichte CLEF mit dem Lehrlings- und Arbeiterkongress am 1. Mai 1969, so Wilfried Kunstmann. Die radikalen Ansichten des Gastredners Reinhard Wolff, damals Vorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), teilten viele CLEF-Mitstreiter nicht.

Für Wilfried Kunstmann war CLEF ein Beispiel für den soziokulturellen Modernisierungsschub der Gesellschaft in den 1960ern: „Selbst das Marler Parteiengefüge wurde durch die rebellierende Jugend zwar nicht erschüttert, aber so durcheinandergebracht, dass jüngere Kräfte den Marsch durch die politischen Institutionen antreten konnten“, so sein Fazit.

Die Marler Zeitung berichtete am 12. Juni 1967 über die Protestaktion der politischen Jugendgruppe CLEF in Hüls, nachdem der Student Benno Ohnesorg von einer Polizeikugel tödlich getroffen worden war.

 

© (Marler Zeitung: Archiv (und Martina Möller, MZ Redaktion) 15.12.18 


Gert Eiben: (ehemaliger WAZ -Lokalredakteur)

aus: MarlErleben 12/2019, S.: 32 u. 33, (Artikel: Gert Eiben).